… Lektion in „Theorie und Praxis“!
Beim IRONMAN ZURICH-SWITZERLAND bekam ich die berühmte Gründlichkeit/Genauigkeit/Pünktlichkeit der Schweizer zuspüren. Vorneweg: Der Ironman ansich war super organisiert, eine sehr schöne Radstrecke (eckige und kantige Angelegenheit, aber trotzdem sehr schön), tolle Stimmung und ein rasch über die Bühne gehender Check-In/Check-Out. Einzig die Wechselzone war etwas eng, aber okay.
Aber nun zum Wettkampf und den angesprochenen Lektionen! Schwimmen im Zürich See war nicht ganz so berühmt wie ich das gerne gehabt hätte (Strömung etwas unterschätzt und auf den ersten 600m umgeben von orientierungstechnischen „nockerpatzln“, daher in Summe sicher rund 300m mehr geschwommen) hielt sich aber mit 1h08min gerade noch im vertretbaren Bereich. Auf dem Rad ging es zuerst rund 30km entlang vom Zürich See bevor es etwas hügeliger wurde. Fühlte mich gut am Rad, konnte mich aber dennoch beherrschen und nicht gleich in der ersten Runde zuviel drücken. Die erste Runde war in 2h27min absolviert und eigentlich fühlte ich mich körperlich noch fit genug um eine ähnlich starke zweite Runde folgen zulassen. Wenn ich da nicht bereits bei KM83 meine erste Lektion erhalten hätte: Gelbe Karte wegen BLOCKING!
Theorie: Pro Überholmanöver hat man 30sec Zeit um am Vordermann/-frau vorbei zufahren und sich wieder rechts einzuordnen! Braucht man länger bekommt man die GELBE Karte wegen BLOCKING.
Soweit die Theorie! Hat man nun aber eine Gruppe mit 10-15Mann zu überholen, könnte es durchaus etwas länger dauern bis man ganz vorne ist. Noch dazu, wenn in dieser Gruppe der Abstand nicht 10m beträgt (darunter wäre eigentlich die SCHWARZE Karte wegen Windschattenfahrens fällig) sondern nur rund 3-4m. Theoretisch hätte in dieser Gruppe also jeder die schwarze Karte wegen DRAFTING (Windschattenfahren) bekommen müssen, praktisch bekam ich die GELBE Karte wegen BLOCKING! Super. Ärger war natürlich dementsprechend groß. Bis zur nächsten Penalty Box waren es noch dazu noch über 35km. Also eine lange Zeit um sich zuärgern und nicht mehr ordentlich in die Pedale zutreten!
Gelbe Karte bedeutet beim IM Zurich-Switzerland: Stop-and-Go Strafe. Heißt also: Penalty-Box anfahren, stehen bleiben, Name, Nummer und Farbe der Karte nennen, unterschreiben und weiter geht’s. Soweit zumindest die Theorie. Praxis schaut auch hier etwas anders aus! Penalty-Box anfahren, merken dass ziemlich viele Athleten in der Penalty-Box anstehen, fluchen, warten, nach etwas mehr als 2 Minuten endlich mal seinen Namen und seine Nummer nennen und unterschreiben dürfen und danach erst recht wieder fluchend weiterfahren. Also anstelle von rund 30-45sec rund 3min versch…
Motivation war danach natürlich etwas gedämpft sagen wir so, dennoch versucht ich noch ein halbwegs vernünftiges Rennen abzuliefern. Bis ca. KM145! Da folgte die nächste Lektion! Folgende Situation: Es geht rund 4KM mit 3-5% Steigung bergauf, ich fahre ganz rechts und komme einem, ca in der Mitte der Fahrspur fahrenden, Athleten immer näher. Was mach ich also? Nichts! Ich fahr normal weiter und fahre rechts an ihm vorbei. Kaum bin ich vorne ereilt mich auch schon ein Pfiff! Mein erster Gedanke: Super, jetzt bekomm ich eine Verwarnung wegen RECHTS Überholen! Tja, war aber nicht so! Stattdessen zeigt mir der Referee die SCHWARZE Karte wegen DRAFTING! WTF??? Damit war das Rennen für mich gelaufen! Hätt ich die Verwarnung wegen dem verbotenen Überholmanöver bekommen, hätt ich’s verstanden und auch eingesehen, wär eh selbst schuld gewesen, aber Windschattenfahren???
Bei der nächsten Penalty-Box (KM170) hielt ich also an und erneut musste ich warten! Theorie: Penalty-Box anfahren, Namen, Nummer, Farbe der Karte nennen, unterschreiben, Stoppuhr bekommen, 6min warten und weiterfahren. Praxis sah aber so aus, dass ich leider auf eine verfügbare Stoppuhr warten musste, da alle anderen besetzt waren. Nach ca 9min konnte ich dann endlich meine letzten 10KM absolvieren.
In der Wechselzone hab ich dann brav mein Rad abgestellt, mich abgemeldet, bin duschen und umziehen gegangen, hab mein Rad ausgechecked und hab im Anschluß daran versucht bei STARBUCKS mit einem CARAMEL FRAPPUCCINO und einem JAVA CHIP den Ärger etwas zu senken. Hat nur teilweise funktioniert 😉 Achja, die zweite Wechselzone erreichte ich nach rund 6h35min (swim+bike)…
Fazit: Aus der Traum, zerplatzt wie eine Seifenblase, nix is wor’n! Schade, dass durch (meiner Meinung nach) zwei komplett falsche Entscheidungen eine lange und intensive Vorbereitung zerstört worden sind. Hätt mir was anderes erhofft von der Schweiz! Eines ist aber klar: Offene Rechnungen gehören beglichen! Ob bereits im nächsten Jahr oder erst auch in zwei oder drei Jahren wird sich noch zeigen …